Aktionen

Hier dokumentieren wir antimilitaristische Aktionen, um die oftmals nur kurzlebigen, emanzipatorischen Bilder im digitalen Raum weiter leben zu lassen.


15.05.20: Polizei entfernt Plakate gegen den “Tag der Bundeswehr” an Bushaltestellen – MAD reagiert

Die Gruppe Militanter-Aufräum-Dienst (MAD) hat vergangene Nacht erneut Werbevitrinen in Hildesheim geöffnet. Sie haben dieses Mal kleinere Plakate angebracht, die darauf hinweisen, dass hier vor kurzem Werbung gegen den Tag der Bundeswehr hing. Sie reagieren damit auf den Großeinsatz der Polizei, die den Samstag damit zugebracht hat, durch Hildesheim zu fahren um  an “26 Bushaltestellen” Adbustings ausfindig zu machen und zu entfernen.

Viele leere Vitrinen in Hildesheim
Seitdem die antimilitaristischen Plakate abgehängt wurden, fallen im Hildesheimer Stadtbild die vielen leeren Vitrinen auf. Doch keine Sorge, der Militante Aufräum-Dienst hat bereits nachgelegt. In Schwarzen Buchstaben ist nun in den leeren Vitrinen zu lesen:

“Hier wurde gestern für den Tag ohne Bundeswehr geworben.
Nach 12 Stunden wurden die Plakate enfernt.
Wir fordern:
Tag ohne Bundeswehr, jeden Tag!”

Adbustings zum Tag ohne Bundeswehr in mehreren deutschen Städten
Die Gruppe reagiert damit auf die schnelle Entfernung der Plakate, denn mit Ihnen verschwanden die wichtigen Forderungen, die die Gruppe anlässlich des abgesagten “Tag der Bundeswehr” in die Hildesheimer Öffentlichkeit gebracht haben. Auf den gefälschten Plakaten standen in Bundeswehr-typischem Design Forderungen wie, “Kasernen zu Kinos, Kneipen, Krankenhäusern” oder “In Schulen: Dekolonialisieren statt Rekrutieren”. Mittlerweile ist klar, dass nicht nur in Hildesheim ein “Tag ohne Bundeswehr” gefeiert wurde, indem die Stadt mit gefälschten Bundeswehrplakaten verschönert wurde. Denn auch in Berlin, Freiburg im Breisgau und Dresden gab es am Wochenende antimilitaristische Abwechslung im Stadtbild.

Lokale Berichterstattung
Schön, dass die Hildesheimer Allgemeine Zeitung noch am selben Tag einen Beitrag veröffentlichte.
Weniger schön, dass sie dabei ein einziges Bild von einem gefälschten Plakat zeigen und es verpixelten.

An die traurigen HAZ-Journalisten: Wenn ihr genau hinschaut, erkennt ihr eine Blondine, die für eine Datingplattform wirbt

Damit verwehren sie Ihren Leser*innen die Grundlage einer Diskussion über die Bundeswehr. Dieser Umstand lässt vermuten, dass sie ihrer eigenen Leser*innenschaft nicht die nötige Medienkompetenz zutrauen, sich mit den antimilitaristischen Sprüchen kritisch auseinandersetzen zu können. Dabei hat der MAD auf dem Plakat hinter der Verpixelung mit dem Spruch “Militärgelände zu Naturschutzgebieten. Geht doch!“, sogar ein Lob an Hildesheim ausgesprochen. Dieser charmante Ansatz passte den Journalist*innen wohl nicht ins Bild

Plakate aufhängen gleich militant?
Stattdessen schrieben sie einen Artikel über eine “offenbar militante Gruppe Unbekannter”, nicht etwa über eine Gruppe, die sich zwar militant nennt, eigentlich aber nur Plakate aufhängt, um einen Diskurs über die Bundeswehr anzustoßen.

Im gleichen Artikel sagt Jörg Eisebitt von der Hildesheimer Polizei aus: “Eine strafbare Handlungen [sic] erkennen wir bislang nicht“.
Wie kann es sein, dass die Forderungen, die durch eine straffreie Protestform geäußert werden, in einem Zeitungsartikel und dem öffentlichen Raum bewusst vorenthalten werden?
Um diese Frage zu beantworten möchten wir auf den Bremer Professor für Staatsrecht Andreas Fischer-Lescano verweisen. er schreibt in einem Beitrag für Verfassungsgblog.de, dass „unbequemes Adbusting […] grundrechtlich geschützt.“ sei. Vor dem Hintergrund des in aller Regel geringen Sachschadens durch Adbusting entstünde der Verdacht, dass der Ermittlungseifer vom Inhalt der Adbustings befeuert werde, wenn diese sich kritisch mit Polizei, Geheimdiensten und Bundeswehr auseinandersetzten: „Das Vorgehen gegen spezifische Meinungsinhalte wird von Art. 5 GG grundsätzlich untersagt. Es wird Zeit, dass die deutschen Sicherheitsbehörden diesen Grundsatz auch dann beherzigen, wenn es um Adbusting geht, das sich kritisch mit ihren Praxen und Imagekampagnen auseinandersetzt.“


Keine Werbung mehr fürs Töten und Sterben!
Wir und der Militante-Aufräum-Dienst teilen diese Wahrnehmung. Es darf nicht sein, dass kritische Stimmen innerhalb von 12 Stunden mundtot gemacht werden, während große Institutionen wochenlang in der Öffentlichkeit fürs Töten und Sterben werben dürfen!

Links:
Mehr unverhältnismäßige Repressionsmaßnahmen gab es übrigens im vergangen Jahr gegen Adbustings anlässlich des Tags der Bndeswehr in Berlin. Hier kam es zu DNA-Analysen und Hausdurchsuchungen.

Adbustings in mehreren Städten:
https://de.indymedia.org/node/88738
Freiburg im Breisgau:
Artikel von Professor Andreas Fischer-Lescano zur Unverhältnismässigkeit von Repression gegen Adbustings:

13.05.20: Hildesheim: Bushaltestellen gekapert für Protest gegen Bundeswehr

Die Gruppe „Militanter Aufräum Dienst“ hat am Samstag im Hildesheimer Stadtgebiet zahlreiche Schaukästen an Bushaltestellen geöffnet, um Protestplakate gegen die Bundeswehr zu platzieren. Die Plakate persiflieren aktuelle Werbekampagnen der Bundeswehr.
Anlass für das in Kenner*innenkreisen auch als „Adbusting“ bezeichnete Kapern und ironische Umdeuten von Werbung war der eigentlich geplante „Tag der Bundeswehr“ am 13.06., der aufgrund der Corona-Pandemie abgesagt werden musste. Stattdessen ruft die Gruppe zum „Tag ohne Bundeswehr“ auf.

Bekenner*innenschreiben auf indymedia
Ihre Ablehnung der Bundeswehr und ihrer Rekrutierungskampagnen machen die Verursacher*innen auch mit den gewählten Sprüchen wie „Kriegspropaganda zu Klopapier“ oder “In Schulen: Dekolonialisieren statt Rekrutieren”, mehr als deutlich. Die Erklärung liefert der „Militante Aufräum Dienst“ in einem Schreiben, welches auf de.indymedia.org, einer Medienplattform der radikalen Linken veröffentlicht wurde. Dort heißt es, dass Soldat kein Beruf sei, sondern eine „Lizenz zum Töten und Sterben“ und, dass die Kampagnen der Bundeswehr diesen Aspekt absichtlich verschweigen würden. Außerdem werfen sie den Verantwortlichen vor Katastrophen wie die Coronapandemie auszunutzen.

Bundeswehr inszeniert sich in der Pandemie
“Dass die Bundeswehr taktisch manövrieren kann und die Mittel der psychologischen Kriegsführung unverhohlen einsetzt, zeigt sich an ihrer Propagandamaschinerie. Sie nutzt Katastrophen zur Selbstinszenierung. Wie schamlos dies geschieht, zeigt ihre aktuelle Rhetorik, welche kontinuierlich die Wichtigkeit der Armee zum Katastrophenschutz hervorhebt. Ohne ihr Personal und ihre Ausrüstung, wie mobile Labore und Feldlazarette, hätte es Deutschland viel schlimmer erwischt, so der Tenor.“ heißt es in dem Bekenner*innenschreiben auf indymedia.org. Tatsächlich bestätigt sich diese Behauptung bei der Sichtung der Profile der Bundeswehr in den sozialen Medien.

Bundeswehr im Innern?
Parallel wurde von Regierungspolitiker*innen und dem Verteidigungsministerium immer lauter über Einsätze der Bundeswehr im Inneren nachgedacht. Dabei reichte das Spektrum der Vorschläge vom Einsatz von Soldat*innen in Uniform auf den Straßen um die Zivilbevölkerung auf die Einhaltung der Abstandsregeln hinzuweisen, über Grenzschutz und Sicherung bis hin zur Übernahme von Polizeiaufgaben.
“Anstatt die Bundeswehr kritiklos zu zelebrieren und Soldat*innen zu Held*innen zu erklären, sollte die Zivilgesellschaft die Bedeutung einer Bundeswehr und die Art der Grenzen, die sie aufrecht zu erhalten versucht, kritisch hinterfragen.“ heißt es weiter in dem Bekenner*innenschreiben. Dass der Einsatz der Bundeswehr im Inneren verboten ist, habe schließlich historische Gründe.

Geht doch!
Einige der Plakate sprechen der Stadt Hildesheim ein deutliches Lob aus. „Militärgelände zu Naturschutzgebieten. Geht doch!“ spielt offensichtlich auf das Naturschutzgebiet Lange Dreisch und Osterberg auf dem ehemaligen Standortübungsplatz der Bundeswehr an und „Kasernen zu Krankenhäusern. Geht doch!“ auf das Helios-Klinikum auf dem ehemaligen Kasernengelände an der Senator-Braun-Allee.
Die Gruppe äußert sich diesbezüglich deutlich: „Wir wollen zeigen, was es für alternative Verwendungen von Militär-Liegenschaft gibt und fordern, allen Militärbesitz zivilen Nutzungen zuzuführen. Wir begrüßen es sehr, dass Hildesheim keine Garnisonsstadt mehr ist und forden die komplette Entmilitarisierung Deutschlands.“

Mit dem sogenannten Adbusting hat die Polizei in Hildesheim bis jetzt wenig Erfahrung gesammelt.
„Bis jetzt wurden wir in Hildesheim kaum damit konfrontiert“ sagt ein Polizeisprecher.

GETZ und MAD beschäftigen sich mit Berliner Adbustings
In anderen Städten wie zum Beispiel Berlin sieht das anders aus. Nicht nur im Verfassungsschutzbericht sind Adbustings gelandet, auch der Militärische Abschirmdienst (MAD) und das „Gemeinsame Extremismus- und Terrorismus-Abwehrzentrum von Bund und Ländern” (GETZ) haben sich damit beschäftigt. Auch Hausdurchsuchungen gab es schon.³
„Wir sehen es sehr kritisch, dass der MAD und die Polizei die Zeit finden, sich mit Lapalien des Strafrechts rumzuschlagen, während rechte Gruppen und Menschen in ihren eigenen Reihen unangefochten handeln können.“ äußert sich die Gruppe zur Kriminalisierung von Adbustings.

Die Adbustings gegen den Tag der Bundeswehr am 13.06. hängen über das ganze Stadtgebiet verteilt. Wenn diese noch nicht abgehängt wurden, haben alle interessierten Bürger*innen noch die Möglichkeit, einen Blick darauf zu werfen.

Bekenner*innenschreiben:
https://de.indymedia.org/node/88327

Adbusting im Verfassungsschutzbericht:
https://taz.de/Kriminalisierung-von-Adbusting/!5664706/

MAD und GETZ beschäftigen sich mit Adbustings:
https://blogs.taz.de/streetart/2020/03/11/gegen-geheimdienst-und-rassismus/

Hausdurchsuchungen:
de.indymedia.org/node/83306

 


19.05.20 Hildesheim: Kriegerdenkmal am Galgenberg hat sprechen gelernt

Alle in Hildesheim kennen es.
Sobald mensch sich auf den Weg zu einem gemütlichen Spaziergang macht, raus aus der Stadt, rein in die Natur, gibt es fast keinen Weg vorbei am Galgenberg und seinem bewachenden Steinkrieger.

Mit Blick auf die Inschrift des am 10. Juni 1939 eingeweiten Kriegerdenkmals: „Die Ihr das Leben gabt in Schicksalszeit – gewannt dem Volk und Euch Unsterblichkeit.“ wird deutlich, dass es sich hierbei um eine Würdigung von Heldentaten deutscher Soldaten im ersten Weltkrieg handelt.

Aber was ist heldenhaft daran, von einem Staat gezwungen zu werden mitverantwortlich zu sein für einen Krieg in dem etwa 17 Millionen Menschen ihr Leben verloren haben?
Und was ist heldenhaft daran, zur Waffe zu greifen und wie die Soldat*innen der Bundeswehr bis heute, in blindem Gehorsam die ewige, unhinterfragte Treue einem Land zu schwören, dass Kriege weltweit mit Waffen beliefert?

Wir, die Militarybusters, haben dazu eine klare Antwort: „Gar nichts!“ Wir wollen die Erinnerungskultur, sowie die stetig steigenden Ausgaben für militaristische Sicherheitspolitik Deutschlands in Frage stellen.

In der Nacht vom 18. auf den 19. Mai haben Aktivist*innen das Kriegerdenkmal am Galgenberg in Hildesheim verschönert. Damit unterstützen sie den bundesweiten Aktionstag von Rheinmetall Entwaffnen und dessen Fordeung, #HealthcareNotWarfare: “Gegen Rüstungsproduktion und Krieg. Für Gesundheitsversorgung für alle.”

Wir freuen uns, dass in Hildesheim endlich mal was antimilitaristisches passiert und solidarisieren uns mit dem Busting am Kriegerdenkmal.

Nicht zum Ersten Mal wurde das, in der NS-Zeit entstandene, Denkmal und dessen Ausdruck von nationaler Heldenverehrung, mit Kleister und Farbe in seiner Wirkung umgedreht. Schon in den Jahren 1980 und 1981 wurden hier immer wieder kreative Verschönerungsmaßnahmen unternommen, wie auch auf der Informationstafel etwas unterhalb des Denkmals dokumentiert wurde.

Durch die neu angebrachten Sprechblasen wird der Fakt in den Raum gestellt, dass Deutschland aktuell “Aufrüstungsweltmeister mit 10% Steigerung der Militärausgaben” im Vergleich zu 2018 ist.
Der Steinkrieger reagiert vorwurfsvoll und zynisch, was in Anbetracht seiner Expertise und seinem Alter verständlich ist: „Merkste selber, ne? In 100 Jahren nichts gelernt!“ Damit macht er klar, dass bis heute unter Vorwänden wie „Freiheit“, „Menschenrechte“ und „Demokratie“ Kriege unterstützt werden.

Dabei geht es um Profit und Rüstungsexporte.
Ein Blick in die Berichte der Bundesregierung zu Rüstungsexporten zeigt deutlich: Deutschland exportiert Kriegsgeräte an Länder, die an Kriegen beteiligt sind, in Spannungs- und Krisengebieten liegen oder auch an autoritäre Regime und Diktaturen in denen Menschenrechte verletzt werden.
Mit Genehmigung der Bundesregierung belieferten deutsche Waffenhersteller zum Beispiel die Armeen des Irak, Saudi-Arabiens, der Philippinen, Indiens und Kolumbiens. Darüber hinaus kämpfen laut Berichten von Amnesty International auch der sogenannte Islamische Staat und die Taliban im Irak, in Syrien und in Afghanistan mit deutschen Waffen.
Die Verhältnisse die deutsche Waffen dort schaffen, zwingen Menschen täglich dazu, ihr zu Hause aufzugeben und Richtung Festung Europa zu fliehen, in der Hoffnung auf einen sicheren Ort.
An den Außengrenzen Europas angekommen, wird schnell klar, dass die Grenzsicherung der EU und vieler Staaten auf die Abwehr unerwünschter Einwanderung abzielt. Als wäre das noch nicht absurd genug, verdienen an dieser Stelle erneut Rüstungsindustrien, indem sie Grenzsicherungsanlagen und Überwachungselektronik liefern.

Wir fordern deshalb: Grenzen öffnen für Menschen! Grenzen schließen für Waffen!

Wir sind der Meinung, dass es unabhängige Instanzen braucht, die eine Instituion wie die Bundeswehr in der Öffentlichkeit als das enttarnt was sie ist: Eine profitversprechende Ausbeutungsmaschine, die nebenbei noch junge Menschen in ein Korsett der Heteronormativität und des Eurozentrismus zwängt.

Wir freuen uns, wenn ihr euch einbringt, indem ihr was zu diesem Thema schreibt, macht direkte Aktionen oder fangt ein Gespräch mit euren Liebsten darüber an. Wie wärs beim nächsten Spaziergang auf dem Galgenberg?